Vor zehn Jahren startete die Studie zur multidimensionalen Demenzbetreuung im SeneCura Sozialzentrum Grafenwörth. Heute hat der bekannte Internist Univ. Prof. Dr. Peter Fasching, Ärztlicher Abteilungsvorstand der 5. Medizinischen Abteilung mit Endokrinologie, Rheumatologie und Akutgeriatrie im Wilhelminenspital der Stadt Wien sowie Leiter des wissenschaftlichen Beirats des SeneCura Sozialzentrums Grafenwörth, am Geriatrie Kongress der Universität Wien die Ergebnisse dieser Langzeitstudie präsentiert. Der positive pflegerische Effekt des interdisziplinär gewählten Betreuungsansatzes auf das Wohl demenzerkrankter Personen hat sich eindrucksvoll bestätigt.

In Österreich leben derzeit rund 100.000 Menschen mit Demenz. Bis zum Jahr 2050 werden es fast 250.000 sein. 30 bis 40 Prozent der Betroffenen werden in stationären Pflegeeinrichtungen betreut. Um dieser gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, eröffnete SeneCura bereits 2006 eine spezielle Wohngruppe für Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Demenz im SeneCura Sozialzentrum Grafenwörth, das sowohl baulich als auch im Pflegekonzept richtungsweisend in Europa ist. Als pflegerischer Grundzugang wurde die Methode der Validation nach Naomi Feil gewählt. Parallel dazu wurde ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet, der in den letzten zehn Jahren das Projekt begleitet und diesen Betreuungsansatz in einer Langzeitstudie evaluiert hat.

Prim. Univ. Prof. Dr. Peter Fasching, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates, präsentierte heute am 14. Gemeinsamen Österreichisch-Deutschen Geriatrie Kongress an der Universität Wien die Ergebnisse. „Das Studiendesign ist einzigartig. Wir haben mit insgesamt 70 betreuten Menschen zwar vergleichsweise wenige Personen analysiert, diese dafür aber über einen Zeitraum von durchschnittlich über zweieinhalb Jahre intensiv untersucht und alle medizinischen und pflegerelevanten Befunde einfließen lassen.“

Stabile Index-Werte über drei Jahre
Gemäß eines vordefinierten Erhebungsplans wurden in der Langzeitstudie in dreimonatigen Abständen anonymisiert sämtliche relevanten Befunde der dementen Personen erhoben, darunter der Mini-Mental-State-Index (MMSE), der Barthel-Index, Kriterien der Validationseinstufung, sowie relevante Diagnosen, Medikamentenvorschreibung, Stürze und Spitalseinweisungen. Nach zehn Jahren Betreuungsdauer wurden die Ergebnisse von 70 betreuten Personen im Rahmen einer pflegewissenschaftlichen Analyse durch das Institut für Pflegewissenschaften der Universität Wien ausgewertet und interpretiert. Die Betreuungsdauer betrug im Durchschnitt 2,6 Jahre, die Aufenthaltsdauer reichte von 3 Monaten bis 8,5 Jahre. Da bei MMSE, Barthel-Index und dem Betreuungsverlauf eine längere Beobachtungsdauer angezeigt war, wurden 30 Bewohner/innen über 36 Monate lang beobachtet. „Die Studie zeigt, dass der multidimensionale Betreuungsansatz für demente Personen im SeneCura Sozialzentrum Grafenwörth fruchtet, denn die Werte der mittleren MMSE-Werte, des Barthel-Index und der Validationsparameter verliefen stabil“, so Fasching.

Ganzheitlicher Ansatz
Die Ergebnisse können nicht eindeutig interpretiert werden, da die Studie als „Single Center Observation“ angelegt ist und eine Kontrollgruppe fehlt. Auch einzelne Maßnahmen, die in der Demenzstation Grafenwörth eingesetzt werden, sind schwer als „effektiv“ oder „nicht effektiv“ einzuordnen, da der Betreuungsansatz als Ganzes in all seinen Facetten analysiert wurde. „Zu diesen Facetten gehören architektonische Überlegungen wie eigens konzipierte Wohn- und Aufenthaltsbereiche, ein ,Demenzrundgang‘, spezielle Ruheräume mit Sinnesecken und ein Therapiegarten mit geschützten Wanderstrecken. Im Demenzbereich wohnen bis zu zehn Bewohnerinnen und Bewohner in sechs „Wohngruppen“ mit speziell abgestimmtem Farb- und Materialkonzept zusammen“, ergänzt SeneCura CEO Anton Kellner, MBA. Das sorgt für eine geeignete Tagesstrukturierung und das nötige Maß an sozialer Aktivität in familiärer Atmosphäre unter Supervision der Pflegekräfte. Als Pflegeansatz wurde die Methode der Validation nach Naomi Feil gewählt und ein Großteil des Teams vor Ort aus allen Berufsgruppen in der Anwendung dieser Methode geschult. Zur Steigerung der Lebensqualität und der Stabilisierung des Krankheitsverlaufs wurden basale Stimulation, Aromatherapien und ganzheitliche Pflegekonzepte eingesetzt.

Richtungsweisende Studie
„Die Studie sollte als Kompass zur Betreuung demenzerkrankter Menschen gesehen werden, denn diese brauchen ganz spezifische Wohnformen und haben andere Bedürfnisse in Pflege und Betreuung“, resümiert Fasching. „Die Ergebnisse der Langzeitstudie sprechen für das Konzept der Demenzbetreuung im SeneCura Sozialzentrum Grafenwörth, das auch schon mehrfach, sogar international, ausgezeichnet wurde“. Im Jahr 2010 wurde die Demenzstation als erste Einrichtung Österreichs und als zweite weltweit mit dem Qualitätszertifikat des offiziellen Naomi Feil Instituts ausgezeichnet. Im Jahr 2015 erhielt das Projekt den Österreichischen Pflege-Management-Award in der Kategorie „Langzeitpflege“. Der Bericht „10 Jahre SeneCura Demenzstation Grafenwörth: Eckdaten, Ergebnisse und Key Learnings“ steht auf der SeneCura Website zum Download zur Verfügung.